Freunde

Fründe in der Nuut, jonn e Hundert op a Luut.

Dieses alte Sprichwort, das es übrigens auch in einer deutschen Übersetzung gibt, wird heutzutage kaum noch gebraucht; wer gerät heute schon noch in Not und wenn, dann höchstens mit Hartz IV oder als Rentenempfänger ohne zusätzliche private Vorsorge. Außerdem weiss kaum noch einer, was ein Lot ist.
Aber nein, Schluss mit der Polemik!

Freunde sind etwas Unersetzliches und Unentbehrliches.

Bei der Frage, wer ist mein Freund, fällt mir immer der Kölner BAP-Gründer Wolfgang Niedecken ein (nein, nein mit dem bin ich nicht befreundet), der in seinem Song "verdamp lang her" über zweifelhafte Freundschaften zu berichten weiss:

"Wer alles, wenn dir't klapp, hinger dir her rennt,
ding Schulder klopp, wer dich nit al hofiert,
sich ohne ruut zu weede dinge Fründ nennt
un dich daachs drop janz einfach ignoriert"

(Hier die Übersetzung, denn dafür kenne ich keine hochdeutsche Fassung:

Wer alles, wenn's bei dir klappt, hinter dir her rennt,
dir auf die Schulter klopft, wer dich nicht alles hofiert,
sich ohne rooot zu werden deinen Freund nennt
und dich am nächsten Tag ganz einfach ignoriert)

Oft höre ich: "Das ist mein beste(r) Freund / Freundin". Das habe ich nie verstanden. Für mich ist Freundschaft etwas Unmessbares, Unvergleichbares und daher kann ich nicht sagen, wer mein bester Freund ist; ich kann noch nicht einmal zweifelsfrei sagen, wer mein Freund ist, schließlich ist dies immer eine beiderseitige Angelegenheit, aber ich habe ein Gefühl dafür und danach richte ich mich.

"Aus den Augen, aus dem Sinn", auch so ein destruktiver Spruch. Wie lange halten Freundschaften oder besser anders gefragt, leiden sie unter räumlicher und zeitlicher Distanz? Nein, ich finde nicht. Einen alten Freund (wieder) zu sehen oder zu hören, ist für mich immer ein freudiges, besonderes Ereignis, das aus dem Alltagsgrau hervor sticht und Anlass dafür ist, einen neuen Startpunkt zu setzen und um mich zu schauen.

So erzeugen Freunde Punkte der Kulmination (aus dem Lateinischen: Höhepunkt) im Leben, egal, ob ich sie monatlich, jährlich oder nach 10 Jahren (wieder) sehe.